Liebe KUFA,
30 Jahre KUFA – herzlichen Glückwunsch! 30, das ist doch dieses Alter, wo man aufwacht und denkt „jetzt bin ich alt“. Das ist die Zahl vor der sich alle erschrecken. Man möchte sich nicht eingestehen, dass man nicht mehr ein „junger Hüpfer“ ist. Bis dahin musst du etwas erreichen, musst „dein Leben im Griff haben“ – was für ein Druck. Seit 30 Jahren lebt, verstaltet und gestaltet die KUFA. Viele haben in ihr ein Zuhause gefunden, haben sich verliebt, auf der Tanzfläche rumgeknutscht, haben laut mitgesungen und Nächte durchtanzt.
Auf der Bühne & hinter der Bühne, im Haus & außer Haus – die KUFA lebt. Vieles findet im Gebäude der KUFA statt, manches wandert als Stadtkultur nach draußen, hin zu Gesprächen und Orten, die erst noch gestaltet werden wollen. Dass in ihrem Gemäuer so manche Tradition steckt, so manches Image, so manche Erinnerung, dass weiß die KUFA sehr wohl. Ein spezieller Geruch, eine Ästhetik, ein Lebensgefühl umgibt sie – einladend für Viele, aber nicht für Alle. Auch das weiß die KUFA und drum ist sie noch nie nur „Zuhause geblieben“. Sie will raus, will unter Menschen sein, will aufmischen. Die KUFA ist viel mehr als ein Haus. Sie hat auch den Mut Neues zu erproben, neue Orte zu entdecken und im Zweifelsfall streitet sie sich auch, wenn es sein muss. Die Klappe halten? – Schwierig. Ein „Nein“ akzeptieren? – Schwierig. Nervt sie damit? – Manchmal – und das ist gut so. Lieber erstmal ausprobieren und im Prozess gucken, wie es läuft. Die KUFA ist spontan, sie ist schnell und sie wagt sich auch mal auf Wege, deren Ziel sie nicht kennt.
Auch das Faserwerk ist so ein Experiment. In gewisser Hinsicht sind wir ja ein Kind der KUFA – vor etwa vier Jahren in einem Ladenleerstand in der Nordstadt als Projektidee geboren. Entstanden durch den Wunsch, näher dran zu sein, Gespräche zu führen und Projekte zu machen mit Menschen, die ihren Weg ansonsten kaum in die KUFA finden. Dass es das Faserwerk vier Jahre später noch gibt – war ungewiss, vielleicht sogar unwahrscheinlich. Aber es ist gewachsen, ist eigenständiger geworden, hat einen eigenen Charakter entwickelt. Wichtig ist das, weil wir ganz andere Gespräche führen, andere Menschen treffen, andere Erfahrungen ermöglichen können. Und dennoch ist das Faserwerk ein Teil der KUFA – manchmal streiten wir uns, meistens halten wir jedoch zusammen: Familie eben.
Oft begegnen uns Menschen, die sagen, sie waren noch nie „in der KUFA“ – aber stimmt das? Ist die KUFA nicht auch im Faserwerk? Am Ottoplatz? In der Innenstadt? In Netzwerken? In Positionspapieren? Bei Flohmärkten und Pflanzentauschbörsen? In Graffitys und Hochbeeten? Die KUFA ist so viel mehr, als man denkt. Und heute ist sie ist das Geburtstagskind, dass sich nicht eingestehen will, dass es nun 30 Jahre alt wird, das denkt, es wäre jung und unangepasst und könnte die Welt verändern – und obwohl sich die ersten Falten abzeichnen und immer wieder die gleiche Lieblings-CD läuft, könnte es sein, dass sie recht hat. Dass sie auch nach 30 Jahren noch nicht die Klappe hält, ist gut. Dass sie manchmal das „nein“ nicht akzeptiert, sondern zurückfragt; „Wie geht es dann?“ eröffnet Möglichkeitsräume. Und geht es in der Soziokultur nicht genau darum? Geht es nicht ums ermutigen, befähigen, loslassen, genießen, vielleicht auch mal ums Scheitern? All das lebt die KUFA und lädt andere ein, auch mal etwas auszuprobieren, loszulassen und zu genießen. Ist das nicht schön? Ist es das nicht, worum es geht? Um das ermutigen, ausprobieren und Grenzen überwinden? Um das Loslassen uns Genießen? Danke KUFA für 30 Jahre Anregung zum über den Schatten springen und Anerkennen von Qualitäten, die manch eine*r selbst noch nicht entdeckt hat. Danke für zweite Chancen und Umwege.
Was wünschen wir der KUFA nun für die nächsten 30 Jahre? Viel Kraft für wichtige Prozesse, mehr gelebte Gleichberechtigung und Diversität und Lust darauf die Zukunft zu gestalten. Dabei wünschen wir von Herzen, dass deine Ideale dein Wirken beeinflussen und dass du deine Ziele immer wieder erreichst und hinterfragst. Wir wünschen dir, dass du im Herzen jung, unangepasst und experimentierfreudig bleibst.
Dein Faserwerk