Solidarität ist in diesen Zeiten enorm wichtig. Auch wir möchten diese Woche auf verschiedenste Arten zum Ausdruck bringen: Wir halten zusammen. Wir denken an euch, die ihr alle in der Kernkultur, in der Popkultur und im Nachtleben aktiv seid. Ob produzierend oder konsumierend: Solidarität – jetzt! Denn sicher habt ihr es schon mitbekommen: Seit dem 22.06.2020 sind weitere bundesweite und landesspezifische Lockerungen bezüglich der Corona-Situation in Kraft getreten. Dazu gehört, dass eine teilweise Öffnung kultureller Veranstaltungshäuser wieder möglich ist. Hierzu zählen auch Kulturzentren und Vereine wie die Kulturfabrik Löseke. Doch unser aller Lage bleibt trotz der neuen Bestimmungen kritisch. Wir haben die Türen der KUFA über drei Monate – nämlich genau seit dem 12.03.2020 – geschlossen gehalten. Das bedeutet für uns finanzielle, gesellschaftliche und soziale Verluste. Die bisherige Vorgehensweise von Bund und Land hat uns in Sachen Booking, Raumbelegung, Pressearbeit und Werbung keinerlei Planungsspielraum gelassen.
Solidarität – jetzt!
Solidarität möchte die KUFA als Arbeitgeberin daher auch allen, die von dieser Situation in jeglicher Form betroffen sind, aussprechen: Vielen anderen Veranstaltungshäusern und Kulturzentren ergeht es ähnlich wie der KUFA. Weiterhin sind die KUFA-Mitarbeiter*innen in Kurzarbeit. Die Planungsunsicherheit betrifft auch unsere Veranstalter*innen – sie hängen ebenso in der Luft und wissen nicht, was morgen ist. Kultur ist (auch) eine Dienstleistungsbranche: Bands, Künstler*innen und Djs, Technikverleihfirmen, Security-Personal, Thekenkräfte, Reinigungspersonal. Die Presse und all ihre Kulturredakteur*innen bis hin zu den Personen, die zum Beispiel Flyer und Plakate der KUFA oder auch das PUBLIC-Magazin in der Stadt verteilen. Die Kulturbranche umfasst so unendlich viele Arbeitskräfte, von denen nur Angestellte in Kurzarbeit gehen können. Dabei sind viele Mitarbeiter*innen in der KUFA Aushilfskräfte. Und Künstler*innen meist freischaffend Tätige.
All jenen möchten wir heute unsere Solidarität ausdrücken. So haben wir es auch am Montag, 22.06.2020, getan, als sich die KUFA an der bundesweiten Aktion „Night of Light“ beteiligt hat.
Wiederöffnung verschärft die prekäre Lage
Nun wurden aber, wie eingangs erwähnt, Lockerungen beschlossen. Yeah, haben wir uns alle gedacht. Endlich geht’s wieder weiter, haben wir uns alle gedacht. Doch dann mussten wir feststellen: Die Bedingungen für eine Wiederöffnung sind ziemlich unwirtschaftlich.
„Die Perspektive nun wieder Veranstaltungen durchführen zu können – unter strengen Auflagen und dadurch mit stark eingeschränkten Besuchszahlen – verursacht eine neue Misere: Soziokulturelle Einrichtungen sind durch die pandemiebedingt wichtigen Auflagen für die Durchführung nicht in der Lage, ihre Angebote wirtschaftlich tragfähig wieder an den Start zu bringen. Die Wiederöffnung der Kulturzentren bringt die Soziokultur in eine vertrackte Situation: Die Mitarbeitenden müssen aus der Kurzarbeit zurückgeholt werden, aber die nun wieder möglichen Veranstaltungen verhelfen noch lange nicht zu einer Deckung der Personalkosten. Viele würden unter diesen Bedingungen bei einer Wiedereröffnung sehenden Auges auf eine Insolvenz zusteuern.“ – Dorit Klüver (Geschäftsführerin, Landesverband Soziokultur Niedersachsen)
Noch mal zu den Fakten
„In Niedersachsen können ab Montag, 22. Juni Kinos, Theater, Opernhäuser, Kulturzentren und ähnliche Einrichtungen wieder öffnen. Allerdings ist die Besucherzahl auf maximal 250 Personen begrenzt. Alle Besucher müssen während der Veranstaltung sitzen. Während des gesamten Aufenthaltes sowie beim Betreten und Verlassen muss ein Abstand von 1,5 m eingehalten werden zu allen Personen, die weder im eigenen noch in einem weiteren Haushalt leben, bzw. die nicht zu einer gemeinsamen Gruppe von maximal zehn Personen gehören. Alle Personen müssen ihren Namen, ihre Abschrift sowie die Telefonnummer beim Veranstalter hinterlassen, damit dieser diese Daten auf Nachfrage an das Gesundheitsamt zur Unterstützung bei der Kontaktverfolgung weiterleiten kann. Bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen gilt außerdem während des gesamten Zeitraums eine Maskenpflicht. Bis auf weiteres geschlossen bleiben Discotheken, Clubs und Einrichtungen, in denen das Shisha-Rauchen möglich ist“ gibt der Landkreis Hildesheim am 20.06.2020 bekannt.
Und jetzt überlegen wir mal: Hilde tanzt!, Booty Shakin, Binär, Super Rave, Rollschuhdisco und alle anderen Partys – Nö! Heimathaven, Club VEB, FC Loretta und sonstige Konzerte – Nö! Computerclub 50+, Capoeira Trommel- und Tanztraining, SoliKüche – Nö! Hildesheimslam, Schmidt’s Katzen, Hildesheimer Comedy Cup, Yoga und weitere Sitzveranstaltungen – Naja. Aber wer will mit Abstand und Mundschutz in der Halle sitzen oder in der Loretta schwitzen, wenn das Tanzbein juckt oder das Impro-Theater auf Input-Rufe wartet?
Wir müssen leider passen
Dem obigen Statement des Landesverbands Soziokultur Niedersachsen pflichten wir also bei und möchten hinzufügen:
„Die Kulturfabrik Löseke bekommt in 2019 eine institutionelle Förderung der Stadt Hildesheim von 20% unseres Haushaltsvolumens. Das heißt im Umkehrschluss, wir müssen 80% unseres Haushaltes selbst erwirtschaften. Das schaffen wir durch Einnahmen aus Veranstaltungen, Erlösen von Getränken und projektbezogenen Förderungen. Wenn wir davon ausgehen können, dass wir die projektbezogenen Förderungen in 2020 „umschichten“ dürfen, bleiben immer noch gut 60%, die wir nicht durch Veranstaltungen einfahren können. Unter den Corona-Hygieneverordnungen wird es bei uns im Haus auf lange Sicht unwirtschaftlich sein, Veranstaltungen durchzuführen. Unser Personal müsste aus der Kurzarbeit zurückkehren. Die zu erwartenden Einnahmen bei eingeschränktem Betrieb würden diese Kosten jedoch nicht decken. Dazu kommt weiterhin der Pandemieschutz, wo wir uns unseren Gästen und dem Team gegenüber in der Verantwortung sehen. Eine Aufstellung von weiteren Förderprogrammen, bei denen auch Personalkosten berücksichtigt werden können, bleibt unausweichlich.“ – Stefan Wehner (Geschäftsführung, Kulturfabrik Löseke)
Versteht uns nicht falsch!
Vor allem unsere Gäste, Fans und Kooperationspartner*innen, unsere Förderer und Sponsoren sowie die Stadt Hildesheim haben uns nicht nur nicht hängen lassen, sondern mit Förderungen und Spendengeldern wirklich herzerwärmend unterstützt. Danke dafür! Wir wollen bloß anmerken:
Nachtleben ist auch Kultur!
Die Aufschreie der letzten Wochen und Monate galten der Kernkultur und ihren Künstler*innen – zurecht. Aber immer fällt irgendwer oder irgendwas durchs Raster. Daher möchten wir nochmals betonen: Nachtleben ist auch Kultur! Nachtleben fördert die kulturelle Vielfalt. Nachtleben macht eine Stadt, oder gar eine ganze Region, lebendig und attraktiv für junge Menschen. Wo Clubs und Bars und Kneipen sind, dort ist Leben. Dort ist Zukunft. Nachtkultur ist der Nährboden, auf dem heranwächst, was später einmal zu Popkultur, Unterhaltungskultur oder sogar zu so genannter Ernster Kultur wird. Clubs, Live-Events und Festivals bieten dem künstlerischen Nachwuchs eine Bühne, um sich auszuprobieren, Erfahrungen zu sammeln und neue Ideen umzusetzen. Daher ist das Nachtleben unverzichtbarer Teil kultureller Erneuerung. Schön, dass Theater, Opern, Kinos und alles Etablierte sowie Sportstudios und Schulen wieder öffnen dürfen und das gemäß der Schutzmaßnahmen auch schaffen. Nur:
Lasst diesen anderen Teil unserer Kultur, das Nachtleben, nicht an Corona sterben. Zeigt Solidarität!
Mehr Impressionen von der Night of Light, und wie die KUFA rot entflammt war, könnt ihr auf Facebook und Instagram sehen.
Die neuesten Maßnahmen und Beschlüsse sowie Niedersachsens 5-Stufen-Plan zur Bewältigung der Corona-Pandemie könnt ihr hier einsehen und runterladen.
Unser vollständiges Statement zu den Corona-Lockerungen lest ihr im aktualisierten Beitrag „Coronavirus: KUFA schließt“.